01.04.2023
Die Saison 2023 ist nicht nur in der Anzahl Rennwochenenden die längste der MotoGP-Geschichte. Auch die Rennen an sich wurden mit dem neuen Sprint-Format verdoppelt: Seit diesem Jahr findet im Rahmen jedes Grand Prix’ am Samstag jeweils ein verkürztes Sprintrennen statt, welches für die Fahrer und Teams WM-relevant ist. Ein grosser Schritt für das gesamte Eventprogramm der WM. Mich freut es sehr, dass ich gerade in diesem Jahr des Umbruchs wieder einige Rennen als SRF-Kommentator begleiten darf. Im Gegensatz zu 2022 werde ich mich nun an den Wochenenden, an denen ich entweder vor Ort oder im SRF-Studio als MotoGP-Experte dabei bin, voll und ganz auf die MotoGP- und MotoE-Action fokussieren können. Das war bisher mit dem gleichzeitigen Moto3-Engagement nur schwer möglich.
Wir wussten also bereits vor dem Eröffnungsweekend in Portimao, dass diese Saison wohl actionreicher und spannender wird als die bisherigen, was in Portugal dann auch mehr als bestätigt wurde. Die Action war kaum zu überbieten – was jedoch nicht nur positive Feedbacks zur Folge hatte. Die Sprintrennen sind natürlich ein toller Showfaktor, aber gleichzeitig auch ein zusätzlicher Stress für Teams und Fahrer. Ich persönlich hätte sehr gerne mal so ein Wochenende mit beiden Rennen und dem neuen Format als Fahrer erlebt, denn die neuen, kurzen und strategisch komplett anders zu verstehenden Rennen sind etwas, was es so noch nie gegeben hat. Man könnte diese Sessions fast eher mit einer Qualifying-Performance vergleichen, denn die Fahrer müssen viel weniger auf Treibstoffverbrauch oder Reifenverschleiss achten. In den paar wenigen Runden ist alles, was zählt, die Flucht nach vorne. Es gibt mehr Action und damit aber leider auch mehr Zwischenfälle. «Race Incidents», wie man sie nach Vorfällen wie demjenigen mit Marc Marquez und Miguel Oliveira auch nennt. Genau das muss sich in Zukunft ändern – darüber mache ich mir aber eigentlich keine Sorgen, um ehrlich zu sein. Die Sprintrennen ermöglichen es, mit ganz anderen Stärken und Skills in einem Rennen weit nach vorne zu fahren, als es ein Rennen über eine Standardlänge tut – diese neu geschaffene Möglichkeit möchten natürlich alle Teams und Fahrer nutzen, was anfangs für Chaos sorgt. Wenn sich das Ganze eingependelt hat und vielleicht auch die Sprintrennen im grossen Bild strategisch anders angegangen werden, wird das Feld sicherlich ruhiger werden. Ganz wegbleiben wird die Extraportion an Action aber wohl nie, denn der Unterhaltungswert wird stets ganz weit oben auf der Prioritätsliste bleiben. Nicht aber zum Preis von Stürzen und Verletzungen, das will niemand – auch nicht die Dorna, die hinter der Organisation der MotoGP steht. Daher werden die Verantwortlichen garantiert alles tun, um die Action beizubehalten, gleichzeitig aber das Sicherheitslevel auf ein sportlich und ethisch gutes Niveau zu bringen, wie wir es uns von den Hauptrennen gewohnt sind. Diese Saison ist der Beginn einer neuen Ära, was den Unterhaltungswert und die Performance der Königsklasse des Motorradsports angeht – und ich freue mich, weiterhin ein Teil dieser Welt sein zu dürfen.
Ihr Tom Lüthi
ACS Botschafter