Mit der Neuauflage des Defender hat Land Rover den kultigen Offroader in die Moderne transformiert. Unsere Testfahrten mit dem V6-Benziner haben gezeigt: Der Defender spielt immer noch in einer eigenen Topliga!
Mit seiner Neulancierung vor knapp fünf Jahren hat die Geländewagen-Ikone mit britischen Wurzeln den grossen Sprung vom traditionellen Arbeitstier für Bauern, Förster oder Wildhüter in Afrika zum salonfähigen Alleskönner geschafft. Mit dem neuen Defender kann man problemlos auch vor das Opernhaus fahren oder den Schlüssel beim Eingang zum Fünfsterne-Hotel dem Portier zum Einparkieren übergeben. Der Defender ist fast so chick wie der prestigeträchtigere Range Rover geworden. Nicht wenige Kunden machen deshalb das preisliche Downsizing zum wesentlich günstigeren Defender.
Selbstverständlich geht es im Innenraum des Land Rover Defenders nicht ganz so luxuriös zu und her wie beim edlen Range Rover. Im Vergleich zu seinen Vorgängern hat der Neue aber gleich mehrere Evolutionsstufen übersprungen. Trotzdem bleibt das Armaturenbrett minimalistisch gestaltet, jedoch viel stylischer und wertiger. Einige Medien haben den Vergleich mit Volvo gewagt – einfach mit britischer Wärme statt nordischer Coolness.
Der Schalthebel des Automatikgetriebes wurde prominent unterhalb des modernen und intuitiv bedienbaren Infotainment-Systems «Pivo Pro» positioniert. Die wichtigsten Fahrinformationen bildet das volldigitale Cockpit hinter dem typischen Vierspeichen-Lenkrad mit dem Modellschriftzug ab. Den Defender 110 gibt es mit fünf, sechs oder sieben Sitzen (5+2). Nach unten rundet der Defender 90 mit kürzerem Radstand und nach oben der Defender 130 für bis zu acht Passagiere das drei Karosserieversionen umfassende Angebot ab.
Aussen nimmt der Neue traditionelle Designmerkmale auf. Geblieben sind die eckige Grundform und das kantige Heck des Ur-Defenders. Vorne wurden Stilelemente in die Neuzeit übertragen, wie etwa die schmalen LED-Matrix-Scheinwerfer oder der glatte Kühlergrill. Der Aerodynamik geschuldet ist die vergleichsweise flache Frontscheibe. Geblieben sind auch das optional erhältliche Reserverad und die seitlich angeschlagene, sich weit öffnende Hecktüre.
Tun werden es wohl die wenigsten Besitzer, doch das Können dazu hat der Defender definitiv: Er ist überaus robust konstruiert und findet sich auch im gröbsten Gelände zurecht. Übrigens sollen 75 Prozent aller jemals gebauter Defender immer noch im Einsatz stehen. Zur Geländetauglichkeit passt die maximale Bodenfreiheit von 29,1 cm, einen Rampenwinkel von 28 Grad sowie Böschungswinkel von 38 Grad (vorne) und 40 Grad (hinten).
Dazu fährt der Defender durch bis zu 90 cm tiefe Gewässer. Sehr nützlich ist der «ClearSight Ground View» - ein innovatives System, bei dem unmittelbar vor den Vorderrädern positionierte Kameras die Bilder vom Untergrund auf das Display im Armaturenbrett übertragen.
Unser Testfahrzeug war mit dem Dreiliter-Sechszylinder-Turbobenziner P400 mit 294 kW (400 PS) motorisiert. In Kombination mit der 8-Gang-Automatik lässt sich der Defender 110 jederzeit souverän bewegen. Bei Bedarf auch sportlich, schafft er doch den Spurt aus dem Stand auf 100 km/h trotz eines Leergewichts von gut 2,4 Tonnen in 6,1 Sekunden.
Mit einer maximalen Anhängelast von 3,5 Tonnen ist die 550 Nm starke Offroad-Ikone, die Jaguar-Land-Rover-Werk im slowakischen Nitra gebaut wird, selbstredend auch ein ausgezeichnetes Zugfahrzeug für Pferde- und Bootsanhänger oder Wohnwagen.
Der neue Land Rover Defender reiht sich nahtlos in die prestigeträchtige Geschichte des seit 1948 mehr als zwei Millionen Mal gebauten Offroaders ein. Die aktuelle, zweite Generation ist bezüglich Fahrkomfort und Ausstattung ein Quantensprung. Mit der neuen Optik ist er zum Alltagsbegleiter geworden, der wenn es denn gefragt ist, sich auch im schwierigen Gelände behauptet. Die Motorisierung des P400 ist kraftvoll und geschmeidig, wenn auch mit einem Verbrauch von rund zwölf Litern pro 100 Kilometer wenig ökonomisch.
Text und Bilder Markus Rutishauser