Zusammen mit der Empa Dübendorf und der Motorex AG hat die Amag Classic untersucht, ob biosynthetisches Benzin für Young- und Oldtimer bedenkenlos eingesetzt werden kann. Die in der Studie präsentierten Resultate zeigen eindeutig: kein Problem.
Synthetische Treibstoffe sollen es ermöglichen, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in Zukunft CO₂-neutral unterwegs sind. Dass dies in modernen Autos möglich ist, bestätigen praktisch alle Automobilhersteller. Ob Synfuels, also aus Biomasse oder mit Strom hergestellte künstliche Treibstoffe, auch in älteren Autos zum Einsatz kommen dürfen, war bisher nicht zuverlässig geklärt. Es fehlten wissenschaftlich fundierte Untersuchungen, die zeigen, wie sich die vielen Komponenten eines in die Jahre gekommenen Verbrennungsmotorsystems verhalten, wenn sie einen der neuen synthetischen Säfte zu verarbeiten haben.
Mit einer breit angelegten Studie wollten die Amag Classic und die Forschungsanstalt für Materialwissenschaften Empa diesbezüglich Klarheit schaffen. Technischer Partner war auch der Langenthaler Schmiermittelhersteller Motorex AG. Mit der Studie «Biosynthetisches Benzin für den Einsatz in klassischen Fahrzeugen» beweisen die drei Unternehmen nun, dass biosynthetisches Benzin in Oldtimer-Fahrzeugen ohne Probleme verwendet werden kann. Dino Graf, bei der Amag für den Bereich Classic verantwortlich, hielt anlässlich der Präsentation der Studienergebnisse in Schinznach-Bad fest: «Für uns war klar, dass sich die meisten Besitzer von wertvollen Klassikern nicht auf Abenteuer mit unerforschtem Treibstoff einlassen würden.»
Mehr als ein Jahr lang haben die beteiligten Unternehmen Motoren- und Peripheriekomponenten getestet und Fahrversuche mit Oldtimern durchgeführt. Als Testfahrzeuge dienten ein 1978er VW Golf I mit 1,5-Liter-Vierylindermotor und ein Chrysler Valiant mit 3,7-Liter-Sechszylinder mit Jahrgang 1971. In den Tests wurden fossiler 98-oktaniger Otto-Treibstoff als Referenzbenzin und ein biosynthetisches 98-Oktan-Benzin aus erneuerbarem Methanol als Vergleichstreibstoff verwendet. Egal, ob das Methanol biogener Herkunft ist, etwa aus Holz oder anderer Biomasse, oder mit erneuerbarer Elektrizität hergestellt wird – die anschliessende Umwandlung in einem Methanol-to-Gasoline-Verfahren ist ähnlich. «Die Empa-Analyse des biosynthetischen Treibstoffs und des Referenzbenzins hat gezeigt», erklärte Christian Bach, -Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa, «dass sich die beiden Treibstoffqualitäten hinsichtlich Zusammensetzung lediglich durch einen höheren Anteil an Methyl-tert-Butylether im synthetischen Benzin unterscheiden.» MTBE wird zur Erhöhung der Oktanzahl auch fossilem Benzin beigemischt. In der Studie wurde primär untersucht, wie sich der grössere MTBE-Anteil auf die physikalischen, chemischen und thermodynamischen Eigenschaften des synthetischen Benzins und schliesslich auf den Betrieb von Oldtimer-Motoren auswirkt. Die etwas erhöhte Löslichkeit von MTBE zeigte sich bei den Untersuchungen der Materialverträglichkeit. Die angelieferten Bauteile führten im Kontakt mit dem biosynthetischen Benzin teilweise zu einer leichten Trübung des sonst klaren Treibstoffs. Allerdings konnten weder eine Schädigung oder Veränderung von Oberflächen, Farb- oder Materialschichten noch andere Auswirkungen wie etwa ein verändertes Quellverhalten festgestellt werden – und zwar bei Papier-, Kunststoff-, Gummi- und Metall-basierten Materialien.
Bei den Messungen der Abgasschadstoffe, des Verbrauchs und der Motorleistung, aber auch bei den Fahrversuchen, bei denen jedes der zwei Testfahrzeuge in Agglomerationen, auf Autobahnen und bei Passfahrten rund 3000 Kilometer zurücklegte, konnten nur sehr geringe Unterschiede zwischen den beide Benzinsorten festgestellt werden. Das Gleiche gilt auch für das Start- und Abschaltverhalten, das Ansprechverhalten und die Leistungsabgabe.
Kleine Unterschiede beim Betrieb eines Oldtimers mit bio-synthetischem Benzin ergaben sich durch die leicht höhere Löslichkeit für Öl- und Treibstoffablagerungen und durch den geringfügig veränderten Geruch der Abgasemissionen. Selbstverständlich aber sind die CO₂-Emissionen deutlich unterschiedlich. Die Analyse des biosynthetischen Benzins hat ergeben, dass der Kohlenstoff zu fast 90 Prozent aus biogenen Quellen stammt.
Die Schadstoffemissionen unterscheiden sich kaum. Bei der simulierten Autobahnfahrt mit dem Synfuel konnte ein leichter Trend in Richtung geringerer Partikelemissionen registriert werden. Schliesslich zeigen die Ergebnisse mit beiden Treibstoffen sowohl beim volumetrischen Benzinverbrauch als auch beim energetischen Verbrauch keine messbaren Unterscheide.
Die Radleistungsmessung wurde auf einem 1-Achs-Rollenprüfstand der Empa mit dem VW Golf durchgeführt. Das Fahrzeug wurde auf dem Prüfstand mit beiden Treibstoffen einer statischen und einer dynamischen Leistungsmessung unterzogen. Mit beiden Treibstoffen erreichte der Golf annähernd die gleiche statische Radleistung und auch bei der dynamischen Messung unterschieden sich die beiden Treibstoffe nicht.
Das von Motorex für den Einsatz in Klassikern entwickelte Motorenöl zeigte während der Testfahrten die erwartete normale Viskositätsabnahme, die als unkritisch eingestuft werden konnte. Christian Bach resümierte nach der Testserie: «Wir konnten keine relevante Veränderung bei den Komponenten, der Leistung oder den Abgasemissionen feststellen. Biosynthetisches Benzin weist aufgrund seiner molekularen Struktur eine leicht höhere Löslichkeit auf als fossiles Benzin. Diese kann Ablagerungen lösen, die sich im Laufe des jahrzehntelangen Betriebs mit verbleitem Benzin im Motor angesammelt haben.» Dino Graf ergänzte: «Ich hoffe, wir können mit dem wissenschaftlichen Versuch Oldtimerfans motivieren, Synfuels für ihre Fahrzeuge zu verwenden, wenn dieses dann lieferbar sein wird. Wir werden dieses Jahr die ersten Mengen Solarbenzin von Synhelion übernehmen und für unsere Klassiker einsetzen. Wir wissen ja nun: Es funktioniert.»
Text Stephan Hauri Bilder Empa, sha