Sie sind idyllisch und liegen oft inmitten wunderschöner Naturlandschaften. Die ausgewählten «Kleinstadtperlen» in Baden-Württemberg haben einen ganz besonderen Glanz und eignen sich hervorragend für einen mehrtägigen Ausflug.
Baden-Württemberg ist von der Schweiz aus bekanntlich in kurzer Zeit mit dem Auto zu erreichen. Es empfiehlt sich, einige Tage im Süden Deutschlands zu verweilen, denn viele Kleinstädte zählen zu den attraktivsten, bisweilen aber unterschätzten Reisezielen im Ferienland Baden-Württemberg. Um dies zu ändern, lancierte der regionale Tourismusverband schon 2018 die Kooperation «Kleinstadtperlen», welcher mittlerweile 18 Kleinstädte der Region angehören, die man nach Lust und Laune problemlos auf einem Ausflug mit dem Auto besuchen kann. In Kleinstädten befinden nebst dem Bahnhof stets ein paar Parkhäuser. Zur Freude der Gäste gibt es zudem viele kostenlose Parkplätze.
Kein Wunder gehört die Region zu den beliebtesten Reisezielen der Schweizer mit über drei Millionen Übernachtungen pro Jahr: Wie die Perlen einer Kette liegen die Kleinstädte in der Landschaft und sind so bunt wie das Land selbst. Badisch wird hier gesprochen und Schwäbisch, Hohenlohisch und Kurpfälzisch. Das Brauchtum spielt noch eine wichtige Rolle und wird von zahlreichen Vereinen gepflegt. Die Menschen in den kleinen Städten verstehen es, zu feiern. Sie tischen selbstgemachten Wein oder hausgebrautes Bier auf. Gäste setzen sich einfach dazu und tafeln mit. Hier taucht man in die beschauliche Welt unterm Rathausgiebel ein. Erstaunlich auch, wie reich das kulturelle Leben ist - es spielt sich ab auf kleinen Bühnen, in Museen, Kunsthandwerkerstuben und Atelierräumen. In so manchem alten Fachwerkhaus reifen junge Ideen. Ein Blick hinter die Kulissen lohnt sich immer.
In den idyllischen Gassen und auf historischen Marktplätzen lassen sich ganz besondere Schätze entdecken: Das Mittelalter ist hier noch echt, manches Gebäude älter als 400 oder 500 Jahre. Fachwerkhaus an Fachwerkhaus ziert die Marktplätze. Liebevoll restauriert erzählen die schmucken Fassaden vom Wandel der Zeiten. Abwechslungsreiche und individuelle Geschäfte, ein vielfältiges gastronomisches Angebot, sowie zahlreiche kulturelle Highlights, die garantiert verzaubern. In Bretten lockt beispielsweise ein schönes Fachwerkensemble sowie der grösste Streichelzoo Deutschlands und der Marktplatz in Weinheim wirkt mit seinen Gasthäusern und Bistros so mediterran, dass er immer wieder mit italienischen Städten verglichen wird. In Schwäbisch Hall wird jedes Jahr die grosse Treppe vor der St. Michaels Kirche zur grossen Showbühne für das Freilichttheater.
Auch in Sachen Genuss zeigen die Kleinstadtperlen, was in ihnen steckt. In der Bierkulturstadt Ehingen sind es zum Beispiel die fünf Brauereien und ein Bierwanderweg, welche die Stadt besonders und einzigartig machen. In Oberkirch schlägt das Herz für die Brennereien, denn hier gibt es über 700 Destillerien, die aus der alten Tradition des Obstbaus entstanden sind. In Endingen fährt man derweil mit dem Traktor durch die Weinberge und lässt sich bei der anschliessenden Weinprobe verwöhnen. In den verwinkelten Gassen von Bad Säckingen kann man nicht nur das Fridolinsmünster mit seinen Doppeltürmen bestaunen, sondern auch echte Sterneküche geniessen. Auch in Calw wird die regionale Küche besonders gewürdigt: Das «Krabba-Nescht», welches Sitzmöglichkeiten rund um einen Birnbaum anbietet, erhielt 2019 den Schwarzwald Genuss-Award «Kuckuck» als bestes Ausflugslokal.
Währenddessen wird in Endingen die Brotkultur besonders hochgehalten. Hier findet nicht nur alljährlich der Alemannische Brotmarkt statt, mit Matthias Schwehr trifft man in dessen Bäckerei sogar auf einen Brot-Sommelier. Apropos Sommelier: Natürlich überzeugt die Stadt am Kaiserstuhl auch mit ihrem Weinangebot. Das Schwarzwald-Städtchen Oberkirch liegt derweil im Renchtal, das als eines der wichtigsten Obstanbaugebiete Deutschlands für edle Wässerchen steht. Allein Oberkirch zählt fast 800 der rund 1100 im Tal ansässigen Schnapsbrennereien. Damit ist es die heimliche Hauptstadt der Kleinbrenner in Baden-Württemberg.
Und wer danach noch raus in die Natur möchte, ist in den Kleinstadtperlen ebenfalls bestens aufgehoben. Auf dem Premiumwanderweg rund um Schramberg oder ab Münsingen mit dem E-Bike durch das Biosphärengebiet Schwäbische Alb - atemberaubende Aussichten sind garantiert. Jede der Kleinstadtperlen hat etwas Einzigartiges, das den Besuch der Kleinstädte zu einem authentischen Erlebnis macht. Wen es nach Rottenburg zieht, der darf sich neben einem Spaziergang durch die idyllischen Gassen und dem Besuch des Doms St. Martin auf die Neckarfront mit ihren wunderschönen Fachwerkhäusern freuen. Neben pittoreskem Kleinstadtflair lockt auch Naturerlebnis in die Stadt an den Flüssen Waldach und Nagold. Hoch über deren Zusammenfluss thront auf dem Schlossberg die Burgruine Hohennagold, von der man über die Stadt und den umgebenden Schwarzwald blicken kann.
Radolfzell versprüht mediterrane Atmosphäre am Bodensee. Das historische Zentrum liegt unmittelbar am Seeufer, und im Schatten des gotischen Münsters können Gäste über einen der grössten Wochenmärkte des Landes schlendern. Nur einen kurzen Spaziergang entfernt liegt mit der Halbinsel Mettnau eines der schönsten Naturschutzgebiete am See. Oder Mosbach – die Stadt liegt unweit des Neckars im nördlichen Baden-Württemberg und ermöglicht eine Zeitreise ins Mittelalter. Unter den vielen Fachwerkhäusern der früheren Reichsstadt überrascht eines besonders: Das Haus Kickelhain gehört zu den kleinsten freistehenden Fachwerkgebäuden Deutschlands. Neben viel Geschichte überzeugt Mosbach mit moderner Gastronomie und einem vielfältigen Kulturangebot.
Ja, es macht Spass, Kleinstädte zu entdecken. Die Wege sind kurz und kaum angekommen, ist man auch schon im Zentrum. Eine kleine, feine Welt, in der man sich schnell zurechtfindet. Dabei ist die Vielfalt erstaunlich. Ideal für einen Kurztrip!
Text: Sacha Gähwiler