28.04.2020
Wir werden wieder Rennen fahren. Wann auch immer das sein wird.
Die Welt scheint aktuell Kopf zu stehen, und auch ich persönlich habe mit
dieser Situation zu kämpfen. Natürlich habe ich in meiner Rennkarriere schon
andere Krisen erlebt. Oft auch solche, die mich in einem ersten Moment
überfordert hatten. Nur waren es eben meistens Krisen, in denen ich selber
etwas dagegen unternehmen konnte. Ob es eine Anpassung an meinem Training war,
Veränderungen im Team oder an meiner mentalen Einstellung – irgendwie gab es
immer Ansätze, mit denen ich versuchen konnte, die Situation zu verbessern.
Jetzt ist es anders: wir alle können nicht vielmehr tun, als abzuwarten. Und
dieses Gefühl der Machtlosigkeit ist wohl das Schlimmste an einer solchen
Krise.
Ich werde in letzter Zeit sehr oft gefragt, ob ich Angst hätte. Angst
um meine Karriere oder sogar um meine Existenz. Und auch wenn es ironisch
klingen mag, in einer solchen Situation von Glück zu sprechen – aber ich kann
mich tatsächlich glücklich schätzen. Denn Angst haben muss ich weder um meine
Existenz noch um meine Karriere. Die letzten Wochen haben mir trotz der grossen
Unsicherheit gezeigt, mit welchem Vertrauen mich meine Partner und mein
gesamtes Umfeld auffangen. Dies ist das Resultat vieler jahrelanger Partnerschaften
und dafür bin ich extrem dankbar.
Natürlich bedeutet diese Zwangspause für mich aber dennoch nicht, dass
ich nur noch zu Hause sitze und abwarte. Anstatt mich mit Spekulationen zu
beschäftigen, ob oder wann es weitergehen würde, habe ich mich schon sehr bald
nach dem Katar GP mit meinem Trainer zusammengesetzt und einen Trainingsplan
für die kommende Zeit ausgearbeitet. Denn dies ist der einzige Faktor, der
aktuell noch in meiner Hand liegt. Es erschien uns anfangs beinahe unmöglich,
ohne zeitliches Ziel für die Bestform einen optimalen Trainingsplan
auszuarbeiten – wir haben uns dann hin bewegt zu einem Erhaltungstraining, das
stark an das Wintertraining angelehnt ist. Dieses besteht einerseits natürlich
aus den relativ intensiven Trainingseinheiten im Fitnessstudio, im Gegensatz
zum Winter bin ich jetzt aber viel öfters auch draussen mit dem Mountainbike
unterwegs. Zusammen mit vereinzelten Regenerationstagen haben wir so einen für
mich perfekt passenden Mittelweg gefunden, mit dem ich unter diesen Umständen
zu jedem Zeitpunkt optimal auf eine mögliche Saisonfortsetzung vorbereitet
wäre. Und in diesem ganzen Chaos steht eines sicher fest: wir werden wieder
Rennen fahren. Wann auch immer das sein wird.»