Bei Verkehrsdelikten kommt es immer häufiger vor, dass die Polizei das Mobiltelefon des Beschuldigten beschlagnahmt, um es zu analysieren. Die darauf gefundenen Daten können sich schnell in eine Büchse der Pandora verwandeln, die sich gegen den Besitzer oder andere Personen richtet, die von den Videos betroffen sind.
Vor kurzem hatte das Bundesgericht in einem Luzerner Fall die Gelegenheit zu klären, unter welchen Bedingungen Videoaufnahmen von den Strafverfolgungsbehörden ausgewertet werden dürfen.
Als solches rechtfertigt weder eine schwere Straftat noch gar ein Raserdelikt die Beschlagnahme, Durchsuchung und Auswertung eines Mobiltelefons. Denn wenn der Fahrer anhand des Radarfotos leicht für die ihm vorgeworfene Straftat identifiziert werden kann, gibt es keine Rechtfertigung für weitere, tiefer gehende Ermittlungshandlungen. Der Beschuldigte wird für die festgestellte Straftat verurteilt und ist berechtigt, die Durchsuchung seines Mobiltelefons abzulehnen, die sich als unnötig und unverhältnismäßig erweist. So erinnerte das BGer daran, dass bei Fehlen eines hinreichenden Verdachts die explorative Suche nach Beweisen (fishing expedition) verboten ist und dass die so gesammelten Beweise grundsätzlich nicht verwertbar sind.
Im Luzerner Fall hatte die Analyse des Handys eines Familienvaters dazu geführt, dass anhand der darauf gespeicherten Videos Straftaten seines Sohnes festgestellt werden konnten. Das BGer stellte fest, dass die Hausdurchsuchung weder geeignet noch notwendig war, um die dem Vater vorgeworfene Straftat aufzuklären, und dass auch kein hinreichender Verdacht bestand, dass der Vater weitere Straftaten begangen haben könnte, um das Mobiltelefon des Vaters zu analysieren. Die Videos, die den Sohn belasteten, waren daher unrechtmäßig gesammelte Beweise. Gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO dürfen unrechtmässig erhobene Beweise jedoch zur Aufklärung von schweren Straftaten verwendet werden. Das BGer hatte diese Anwendung bislang auf das Raserdelikt beschränkt (90 Abs. 3 und 4 SVG). Vor kurzem hat das BGer jedoch präzisiert, dass ein Überholmanöver in Kombination mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung bei einem entgegenkommenden Motorradfahrer eine so grosse Gefahr darstellt, dass es eine schwere Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO darstellt. Darüber hinaus war der beschuldigte Fahrer ohne Führerschein unterwegs. Obwohl nicht verwertbar, muss das öffentliche Interesse an der Aufklärung eines solchen Verstoßes das Interesse des Motorradfahrers an der Entfernung dieses Beweismittels aus der Akte überwiegen.