22.12.2021
Noch vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass das letzte Moto2 Rennen meiner Rennfahrer-Karriere heute bereits hinter mir liegen würde. Die Saison 2021 war alles andere als einfach, und das hat nicht mal unbedingt viel mit der Pandemie-Situation zu tun. Die Restriktionen und Reisebestimmungen waren und sind zwar nach wie vor mühsam, aber daran haben wir uns im Paddock und im Team irgendwann gewöhnt. Schwierig war das Jahr, weil die sportlichen Leistungen einfach nicht stimmen wollten. Ich habe trainiert, auf und neben der Strecke und hatte ein wirklich starkes Team hinter mir. Immer wieder waren es aber Faktoren, die nicht 100% stimmen wollten – und ich kam an den Punkt, an dem ich ehrlich zu mir selbst sein musste. Irgendwann ist eine Rennfahrerkarriere vorbei, ich werde nicht ewig Rennen fahren können.
So begann ich, mich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, was denn danach kommen würde. Plötzlich sah ich Chancen, Möglichkeiten und neue Wege, die mich interessieren und die ganz neue Reize mit sich bringen. Organisatorisch tätig sein, den Nachwuchs im Rennsport fördern und unterstützen, gleichzeitig mein Wissen und meine Erfahrungen weitergeben, das alles schien plötzlich gar nicht mehr so weit weg zu sein. Der Schritt, vom aktiven Rennsport zurückzutreten und eine neue Rolle, noch immer im internationalen Rennsport, zu übernehmen, begann mich zu interessieren.
Der definitiven Entscheid für den Rücktritt bahnte sich also über die erste Saisonhälfte hinweg an und wurde im August gefällt – womit mein letztes Moto2 Rennen mit jedem Grand Prix näher rückte. Natürlich drehten sich die Gedanken oft darum, aber ich habe versucht, mich genau wie sonst auf meine Performance und auf jedes einzelne Rennweekend zu konzentrieren. Die Rückfragen von Medien, Partnern und auch von Freunden und Fans dazu, wie es mir mit diesem Gedanken geht, waren für mich völlig verständlich, haben mir die Situation aber nicht wirklich einfacher gemacht. Und dann war es da – das allerletzte Rennen meiner WM-Karriere, die fast 20 Jahre gedauert hat.
Ich durfte ein überwältigendes Wochenende geniessen, Freunde, Familie und langjährige Wegbegleiter waren in Valencia mit dabei. In der letzten Runde des Rennens wurde mir der Entscheid so bewusst wie kaum zuvor und ich hatte nur einen Gedanken im Kopf: «jetzt bloss nicht stürzen.». Das ist mir zum Glück gelungen – und mit dem Empfang in der Box, einem gehörigen Burnout und einem einmaligen Abend mit Freunden und Family in Valencia ging meine Karriere als Rennfahrer in der Motorrad-Weltmeisterschaft zu Ende.
Nun hatte ich ein paar Tage Zeit, um den Kopf zu lüften, bevor es jetzt bereits weitergeht in meine neue Rolle als Sportchef bei PrüstelGP. Ich freue mich darauf, den Rennsport weiter prägen und im Sinne des Nachwuchssports etwas bewegen zu können. Ein neues Kapitel steht bevor.
Ihr Tom Lüthi
ACS Botschafter