18.10.2022
Wenn die MotoGP als höchstes Level des Motorrad Strassenrennsports zum Gesprächsthema wird, dann ist eigentlich klar, was die Leute am meisten beeindruckt: Geschwindigkeit, Schräglagen, waghalsige Überholmanöver. Jeder Fahrer sucht sein eigenes Limit und genauso das der modernsten Technik.
Ebenso beeindruckend, wenn auch auf einem viel weniger populären Level, ist jedoch das, was sich hinter den Kulissen der Rennsport-Action abspielt. Damit ein Team auf jeder einzelnen Strecke weltweit immer wieder ans Limit gehen und für den Fahrer die bestmögliche Ausgangslage für seine Performance schaffen kann, dafür wird ein enormer Aufwand betrieben. Selbst als Fahrer ist einem das nicht immer im vollen Ausmass bewusst, denn in dieser Situation konzentriert man sich auf Training, Streckenführungen und mentale Vorbereitung. Deshalb hat es mich umso mehr beeindruckt, als ich nun in meinem ersten Jahr in der Teamführung des CFMOTO Prüstel GP Team die effektiven Geschehnisse miterlebt und mitorganisiert habe. Dabei muss ich nachträglich sagen: Die MotoGP macht es sich selber nicht gerade leicht. Vor allem die sogenannten „back-to-back“-Rennen, also zwei Rennwochenenden direkt hintereinander, sind logistisch eine Herausforderung.
Während in Europa teilweise das ganze Paddock mit LKWs von einer Rennstrecke zur nächsten chauffiert werden muss, wird die Challenge mit den Überseerennen noch etwas grösser. Dieses Jahr lagen zwischen dem MotoGP-Rennen im spanischen Aragon und dem Start zum ersten Training in Japan nicht einmal fünf Tage. In der Zeit mussten die Boxen abgebaut, in Kisten verstaut, als Fracht in Flugzeuge verladen, am neuen Ort zum Circuit gebracht und wieder aufgebaut werden. Dabei darf nichts schief gehen, denn gepackt wird aufgrund des Gewichts extrem penibel: Mit kommt nur, was wirklich benötigt wird.
Wenn dann etwas fehlt, beim Transport beschädigt wird oder kurzzeitig verloren geht, kann ein ganzes Rennwochenende eines MotoGP-Teams auf dem Spiel stehen. So, wie wir es beispielsweise mit dem Transportchaos zu Saisonbeginn, vor dem Rennen in Argentinien erlebt haben. Damals war die Fracht wegen eines technischen Defekts am Flugzeug verspätet – alle Trainings mussten auf den Samstag verschoben werden.
Mit diesen Erfahrungen hat mich die MotoGP ein weiteres Mal beeindruckt – auf eine Art und Weise, wie ich es in meinen 20 Jahren als WM-Fahrer bisher noch nicht erlebt habe.
Ihr Tom Lüthi
ACS Botschafter