31.03.2022
Stellungnahme des Automobil Club der Schweiz ACS
Brief an:
Eidgenössisches Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)
Bundeshaus Nord
CH-3003 Bern
Elektronischer Versand: raphael.bucher@bafu.admin.ch
Sehr geehrte Frau Bundesrätin Sommaruga
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir danken Ihnen für die Einladung zur Anhörung und
öffentlichen Mitwirkung zur Vernehmlassung «Revision des CO₂-Gesetzes» und
die Möglichkeit einer Stellungnahme.
Als Mitglied von strasseschweiz unterstützt der ACS deren Stellungnahme zu den einzelnen Paragrafen der vorliegenden Gesetzesrevision. Die folgenden Punkte sind im Interesse unserer Mitglieder von besonderer Bedeutung, weshalb wir diese hier kurz hervorheben möchten:
Generelle Feststellungen
Wir begrüssen den Willen des Bundesrates eine Reform vorzuschlagen, die
an die bestehenden Instrumente anknüpft. Das neue CO₂-Gesetz sollte
positive Anreize schaffen, Innovationen fördern und somit im Idealfall neue
Arbeitsplätze hervorbringen (oder die bestehenden Arbeitsplätze zumindest nicht
gefährden) und wirtschaftliches Wachstum fördern. Im Bereich des privaten
Strassenverkehrs stellen wir aber fest, dass mit höheren Zusatzkosten zu
rechnen ist als in der vom Volk abgelehnten Revision. Hier muss zwingend eine
Anpassung vorgenommen werden. Wir sehen es als unsere Verpflichtung darauf zu
achten, dass der Volkswille respektiert wird. Dies bedeutet vor allem, dass die
Bevölkerung nicht mit zusätzlichen oder erhöhten Abgaben belastet wird.
Technologieoffenheit
im Gesetz (Art. 1, Abs. 2)
Der Bundesrat präzisiert in Absatz 2, dass die Ziele durch die
Verringerung der Treibhausgasemissionen oder durch die entsprechende
Ausrichtung der Finanzmittelflüsse erreicht werden müssen. Die technologische
Innovation kann jedoch nicht vom Staat gesteuert werden. Deshalb muss aus
Sicht des ACS die Technologieneutralität des Staates im Gesetz verankert
werden: «³ Massnahmen, die sich aus diesem Gesetz ergeben, sind
technologieneutral.»
CO₂-Emissionen
der in Verkehr gebrachten Fahrzeuge (Art. 10)
Der ACS befürwortet die Übernahme der EU-Prozentsätze für die Reduktion
der CO₂-Emissionen; die importspezifischen Zielwerte müssen jedoch
zwingend gestützt auf einem schweizerischen Basiswert berechnet werden. Wir
schlagen deshalb vor, den entsprechenden Absatz wie folgt umzuformulieren: "2bis Die durchschnittlichen CO₂-Emissionen dürfen folgende Prozentsätze
des in der Schweiz für 2021
massgebenden Basiswerts nicht überschreiten."
Verpflichtung zur Beimischung von erneuerbaren Treibstoffen (Art.
13b)
In seiner Botschaft verspricht der Bundesrat eine Lösung, ohne
zusätzliche Abgaben und ohne Erhöhung der bestehenden Abgaben, was der ACS sehr
begrüsst. Bei näherer Betrachtung des vorliegenden Gesetzesentwurfs haben wir
jedoch festgestellt, dass dieses Versprechen nicht ganz eingehalten wird.
Bezüglich der Kompensation der Emissionen von Treibstoffen sieht der Entwurf zwar
vor, das derzeit bestehende Kompensationssystem mit der Obergrenze von 5 Rappen
pro Liter beizubehalten, was ganz in unserem Sinn ist. Gleichzeitig wird jedoch
vorgeschlagen, die Verpflichtung zur Beimischung von 5 bis 10 Prozent
erneuerbaren Treibstoffen wieder einzuführen. Da eine solche Verpflichtung
aufgrund der zunehmend teurer werdenden Beschaffung dieser erneuerbaren
Treibstoffe zu einer Erhöhung der Treibstoffpreise von 10 bis 12 Rappen pro
Liter führen könnte, lehnen wir diese Verpflichtung für die Treibstoffimporteure
ab. Aus Sicht des ACS könnte diese eine signifikante Erhöhung der
Treibstoffpreise bedeuten, was das Stimmvolk im Juni 2021 abgelehnt hat.
Zudem schliesst der Begriff «erneuerbar» viele CO₂-neutrale Treibstoffe aus, die mit nicht erneuerbarer Elektrizität hergestellt werden, insbesondere Wasserstoff und synthetische Treibstoffe. Deshalb schlagen wir vor, den Artikel dahingehend zu korrigieren, dass anstelle der Beimischungspflicht an der jetzt geltenden Beimischung als freiwillige Massnahme festgehalten wird. Über eine zukünftige allfällige Beimischungspflicht kann unseres Erachtens erst diskutiert werden, wenn einerseits genügend CO₂-neutrale Treibstoffe vorhanden und diese im Preis deutlich gesunken sind.
Um die Verbreitung von umweltfreundlichen Treibstoffen zu fördern,
schlagen wir zudem die Einführung von Unterstützungsmassnahmen für die
Produktion und/oder den Import von Treibstoffen mit geringem CO₂-Ausstoss
vor (Bio- und synthetische Treibstoffe sowie Wasserstoff).
Förderung von Ladestationen (Art. 37)
Gemäss dem vorliegenden Gesetzesentwurf sollen die Einnahmen aus den von
den Fahrzeugimporteuren gezahlten Sanktionen für die Finanzierung von
Beiträgen für Ladestationen in Mehrparteiengebäuden und Betrieben sowie auf
öffentlichen Parkplätzen verwendet werden. 50% dieser Gelder fliessen bisher in
den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds NAF. Dies bedeutet, dass
die Gelder, die in die Förderung der Ladestationen fliessen sollen, für den
Strassenunterhalt und -ausbau fehlen werden. Der ACS unterstützt grundsätzlich die
Förderung von Ladestationen, fordert aber, dass die Finanzierung ohne Griff in
den NAF sichergestellt wird. Allenfalls könnte die Förderung über die
Spezialfinanzierung Strassenverkehr abgewickelt werden. Es ist jedoch zwingend,
dass auch Elektrofahrzeuge, die bisher keinen Beitrag an die
Strassenfinanzierung leisten, ebenfalls finanziell zum Ausbau der
Ladeinfrastruktur beitragen.
Um eine rasche Defossilisierung des Strassenverkehrs zu unterstützen,
sollten die Förderung und damit auch die entsprechenden Beiträge auf andere
alternative Antriebsarten ausgeweitet werden. Es muss sichergestellt werden,
dass der Einsatz aller Antriebsformen zur Erreichung der Ziele ermöglicht wird
und die einzelnen Antriebsformen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Bundesgesetz über den Umweltschutz (Art 7,
35d, 41, 60, 61a et 62)
Der Bundesrat möchte eine neue gesetzliche Definition für erneuerbare
Treibstoffe schaffen und sieht einen starren Rahmen für ihre Markteinführung
vor. Dadurch besteht die Gefahr, dass sowohl die Definition als auch die
Vorschriften die Innovation eher hemmen als fördern. Der ACS fordert deshalb
mehr Flexibilität und schlägt vor, «erneuerbare» Treibstoffe durch «CO₂-arme»
Treibstoffe zu ersetzen, damit alle möglichen Technologien zur Senkung der CO₂-Emissionen
mit einbezogen werden können.
Abschliessende Bemerkungen
Für den ACS ist es essenziell, dass die gesetzten Ziele quantifizier- und
messbar sind. Bei der Anwendung der dazu geplanten Massnahmen muss grundsätzlich
sowohl die nötige Flexibilität als auch ein genügend grosser Spielraum für
Anpassungen gewährleistet sein, damit es nicht zu einer zusätzlichen Belastung
der Haushalte kommt.
Der Idee, bis zum Jahr 2030 eine inländische Energieproduktion aus
erneuerbaren Energien sicherzustellen, stehen wir grundsätzlich positiv
gegenüber. Angesichts der Fokussierung auf die Elektrifizierung und der mangelnden
Bereitschaft, im Bereich Energieproduktion öffentlich-private Partnerschaften zu
schmieden, scheint uns dieses Ziel allerdings unrealistisch.
Wir danken Ihnen im Voraus bestens für Ihre
Kenntnisnahme und die Berücksichtigung unserer Stellungnahme.