28.09.2022
Die ACS Sektion Zürich des Automobil Club der Schweiz wurde von der Zürcher Stadträtin Karin Rykart sowie den Mitarbeitenden der Zürcher Stadtverwaltung über den geplanten Verkehrsversuch an der Bellerivestrasse informiert.
Das Positive vorweg: Soweit momentan beurteilbar, ist die Stadtregierung bemüht um ein transparentes Vorgehen und um einen aussagekräftigen Verkehrsversuch. Das sah vor zwei Jahren noch anders aus. Erfreulich ist weiter, dass im Rahmen des Versuchs auch die Reisezeiten betrachtet werden. Sie sind für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer eines der entscheidendsten Kriterien.
Einhaltung der rechtlichen Grundlagen zwingend
Der Versuch hat im Rahmen der geltenden Rechtsordnung stattzufinden. Was selbstverständlich tönt, ist es leider nicht. Im Fokus stehen insbesondere die folgenden Normen:
1. Gemäss Kantonsverfassung Art. 104 Abs 2bis ist der Versuch nur bewilligungsfähig, wenn die Leistungsfähigkeit der einzelnen Strassenabschnitte vollständig erhalten bleibt. Sollte sich im Verlauf des Versuchs zeigen, dass diesem Verfassungsartikel nicht mehr genüge getan wird, ist der Versuch zwingend abzubrechen. Sollten sich die Stadtbehörden in dieser Frage über die Verfassung hinwegsetzen, steht der Regierungsrat in der Pflicht.
2. Es steht ausser Frage, dass der Versuch Auswirkungen auf Durchgangsstrassen ausserhalb der Stadt Zürich haben kann. Sei es am Tiefenbrunnen, sei es auf Umfahrungsrouten wie der Forchstrasse. Gemäss § 28 der kantonalen Signalisationsverordnung haben die städtischen Behörden deshalb zwingend vorgängig die Zustimmung der Kantonspolizei einzuholen.
3.
Bauliche
Anpassungen auf dieser Staatsstrasse setzen gemäss § 45 Abs. 2 des
kantonalen Strassengesetzes eine Genehmigung des Regierungsrats voraus. Diese
ist vorgängig einzuholen. Nach dem Versuch sind die Anpassungen zurückzubauen.
Keine Tricksereien beim Versuchsaufbau
Der Verkehrsversuch muss neutral erfolgen und aussagekräftig sein. Dies bedingt unter anderem die Berücksichtigung der folgenden Punkte:
1. Das Versprechen der Stadt, dass der Verkehrsversuch ohne «Manipulationen» am Verkehrssystem stattfindet, ist zwingend einzuhalten. Insbesondere sind sämtliche Verkehrsbeziehungen und Anlieferungsmöglichkeiten zu erhalten, das Temporegime beizubehalten sowie ein «Export» des Staus in andere Gemeinden, etwa durch Veränderungen an der Dosierstelle beim Tiefenbrunnen, zu unterlassen.
2. Möglicher Ausweich- und Schleichverkehr ist umfassend zu messen. Dies gilt etwa auch für die Zollikerstrasse, die Forchstrasse oder die Dufourstrasse.
3. Bei der Auswertung des Versuchs ist ein Hauptaugenmerk auf die Reisezeiten aller Verkehrsteilnehmenden (ÖV, MIV, Langsamverkehr) zu werfen.
4. Neben den rein verkehrstechnischen Auswirkungen sind auch die Auswirkungen auf die Anwohnerschaft und das Gewerbe, insbesondere im Kreis 8, in geeigneter und neutraler Weise zu erfassen.
5. Die tatsächliche Nutzung des Velowegs auf der Bellerivestrasse ist sauber zu messen und im Hinblick auf die Flächeneffizienz auszuwerten. Denn neben dem geplanten Veloweg stehen heute schon eine Komfortroute am See, eine attraktive Route an der Mühlebachstrasse, eine durchgängige Verbindung über die Seefeldstrasse sowie eine Tempo 30-Verbindung über die Dufourstrasse zur Verfügung.
6. Eine nachträgliche Anpassung der Versuchsanlage durch die Stadt, etwa das Ignorieren von Abbruchkriterien oder eine Fortführung des Versuchs während unbestimmter Zeit, wäre ein grober Vertrauensbruch und würde nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Der ACS Sektion Zürich geht es nicht darum, Asphaltflächen unter Heimatschutz zu stellen. Sondern darum, eine funktionale, bedarfsorientierte Mobilität für alle Verkehrsteilnehmenden sicherzustellen. Die Stadt versucht nun, den Nachweis zu führen, dass dieses Anliegen auch mit dem angestrebten Verkehrsregime erfüllt werden kann. Sie geht damit auch ein gewisses Risiko ein. Der Versuch kann scheitern.
Kontakt: ACS Sektion Zürich, Lorenz Knecht, Geschäftsführer 079 695 88 55