Am Neumühlequai in Zürich, wo ich meine Jugend verlebt habe, wartete zu jener Zeit die Firma J.H. Keller AG die von ihr importierten englischen Automarken.
Vorund gelegentlich auch in der Werkstatt bewunderte ich die sportlich-spartanischen Roadster der M.G. Car Company Ltd. Wohl schon damals dürfte in mir der Wunsch nach einem TC in der Rennfarbe British Racing Green gekeimt haben. Die Verwirklichung des Jugendtraums liess jedoch auf sich warten. Zuerst aus pekuniären Gründen und später, weil die T-Modelle in den Achtziger-Jahren zu begehrten Klassikern avancierten.
1985 wurde ich in der legendären Sammlung von Walter Grell in Rheinfelden fündig. Zwar war das von der Zeit sichtbar gezeichnete Fahrzeug in jeder Hinsicht restaurierungsbedürftig, dafür aber im Originalzustand, nummerngleich und komplett – bis hin zum Werkzeugsatz.
Die handwerklich gefertigte Ski-Halterung über dem Ersatzrad deutete auf eine sportliche Nutzung vor der zwanzigjährigen Ruhepause im Museum am Rhein hin. Offensichtlich scheuten die Besitzer Winterfahrten nicht.
Unvergesslich bleibt die Zeit der Wiedergeburt des Sportwagens. Nur wer einen Oldtimer eigenhändig zerlegt, sämtliche benötigten Verschleissteile beschafft, alle erforderlichen Revisions- und Restaurierungsarbeiten koordiniert und zu guter Letzt sein Fahrzeug wieder aufgebaut hat kennt das Glücksgefühl, nach erfolgreicher Fahrzeugkontrolle am Steuer zu sitzen. Anschaffung und Restaurierung des TC fielen zeitlich zusammen mit meinen Recherchen für eine Serie zur Geschichte des Automobils in der Stadt Zürich für das Kulturmagazin Turicum. Im Rahmen dieser Arbeit las ich erstmals Otto Julius Bierbaums Buch «Eine empfindsame Reise im Automobil». Der poetisch anmutende Titel dieses trefflichen Reiseberichts aus dem Jahre 1902 wurde für meine Frau Geneviève und mich zum philosophischen Ansatz für alle künftigen Reisen. Glücklich der Mann, der seine unbändige Lust auf ausgedehnte Fahrten im hart gefederten Sportwagen und mit wehendem Haar im Wind mit seiner Lebensgefährtin teilen kann!
Es versteht sich, dass unsere Verlobungsreise nach Wales und unsere Hochzeitreise
durch Frankreich im TC erfolgten.
Mit einer dreimonatigen Kulturreise durch
England traten wir 2013 den Beweis an, dass ein solches Abenteuer für einen gepflegten
und regelmässig gefahrenen TC kein Hindernis darstellt. Einzig der Scheibenwischermotor
musste unterwegs ausgetauscht werden, was dank einer britischen MG-Freundschaft innert Tagesfrist erledigt
war.
Solche nostalgische Fahrten auf engstem Raum prägen zeitlebens. Ein beschauliches Dasein – quasi als Ikone unter einer Glashaube – war und ist unserem TC in seinem zweiten Leben nicht vergönnt. Über 40 000 Kilometer haben wir mit diesem zuverlässigen Sportwagen in den vergangenen drei Jahrzehnten zurückgelegt.