«Die Geschichte meines Bugattis ist spannend. Der Wagen wurde neu in Genf an den im Exil lebenden Prince Napoléon VI ausgeliefert. Wie damals üblich, erhielt der Käufer ein <Rolling Chassis>, welches er oder sie dann beim Karossier seiner/ihrer Wahl <einkleiden> liess.
Mein Type 57 wurde vom Pariser Carrossier Vanvooren mit einem offenen Aufbau versehen und so an den Erstbesitzer ausgeliefert. Jahre später wurde der Wagen von Prince Napoléon VI an den nächsten Eigner, wiederum in der Region Genf, verkauft. Mein Vater, schon immer ein grosser Bewunderer von Bugatti, konnte das Auto Anfang der 70er-Jahre erwerben.
Der Type 57 war durch den zweiten Eigner bei Gangloff, einem äusserst angesehenen, auf Bugatti spezialisierten Carrossierbetrieb, mit einer neuen Cabriolet-Karosserie versehen worden. Das Auto brauchte aber beim Kauf durch meinen Vater grössere Zuwendung und die Restaurierung dauerte schliesslich fast vier Jahre. Mein Vater hatte in dieser Zeit auch den Motor des Bugattis ersetzen müssen. Ein Ersatz für das defekte Triebwerk fand sich bei Hans Matti, einem Schweizer Bugatti-Kenner und -Sammler.
Ich durfte den Type 57 als Erbstück vor ca. 20 Jahren übernehmen. Das Auto läuft gut, aber wirklich lange Strecken fahre ich nicht damit.
An seine erste Ausfahrt, noch mit meinem Vater, kann ich mich gut erinnern. Sie führte vor vielen Jahren nach Liechtenstein zu einem Veteranentreffen. Ein Zuschauer wollte ihm den Bugatti spontan und auf der Stelle abkaufen und hatte schon sein Chequebuch gezückt. Mein Vater hat damals aber dankend abgelehnt.
Der Bugatti ist halt, typisch Vorkriegsauto, etwas schwer zu lenken und zu bremsen. Das Getriebe verlangt genaues Dosieren von Zwischengas und alles in allem ist so eine Ausfahrt nicht wirklich entspannend. Natürlich hat der Wagen mit seinem herrlichen Achtzylinder-Ton und der herrschaftlichen Erscheinung auch seinen Reiz! Kleine Buben finden das Auto sowieso fantastisch und ein Bugatti mit einer solch eleganten Karosserie erregt natürlich überall Interesse und Bewunderung.
Als langjähriges Mitglied des Schweizerischen Motor Veteranen Club SMVC nehme ich regelmässig an kleineren Ausfahrten teil.
Der Wagen kann mit seinem kraftvollen Motor problemlos mit dem modernen Strassenverkehr mithalten, immer unter Berücksichtigung seiner <dynamischen> Grenzen natürlich.
Die Wartung eines Bugattis ist weniger kompliziert als man denkt, und vieles kann ich selbst machen. Für das Gröbere habe ich zum Glück meinen Spezialisten in Küsnacht. Da ausser mir das Auto niemand fährt und meine Kinder kein Interesse an ihm haben, wäre ich einem eventuellen Verkauf nicht mehr abgeneigt. Es wäre ja schade, wenn dieser herrliche Wagen dereinst nicht mehr bewegt würde. Dazu wurden diese <Grand Routiers> schliesslich einst gebaut.»