«Das wurde jetzt geändert, oder??». Diese Frage wird uns seit einigen Monaten in unserer Kanzlei hie und da gestellt. Nicht sehr oft, zugegeben - aber immerhin manchmal. Deshalb finde ich es angezeigt, daran zu erinnern, dass die gesetzliche Regelung für Raserdelikte bislang keine Änderung erfahren hat. Auf der politischen Ebene werden lediglich Diskussionen über eine mögliche Lockerung der Strafform geführt. Doch auch hier wird angesichts der neuesten Entwicklungen mit Blick auf die Zukunft nichts garantiert.
Zusammenfassend darf man also nicht vergessen, dass die Gesetzgebung für Raserdelikte immer noch in ihrer ursprünglichen Form in Kraft ist und dass das System, das muss man betonen, seine Rigidität und Strenge beibehalten hat.
Zur Veranschaulichung dieser beiden Merkmale, welche unbedingt zur Vorsicht und zur Einhaltung der Regeln ermahnen sollen, beziehen wir uns nachfolgend auf einen Fall, den wir vor kurzem als Raseredelikt wegen Geschwindigkeitsüberschreitung erlebt haben.
Wir halten fest: Der strafrechtliche Aspekt eines Raserdelikts ist in Art. 90 Abs. 3 und 4 des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr (im Folgenden: SVG) geregelt. Bekanntlich wird in diesem Artikel eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis zu vier Jahren vorgesehen. Zu betonen ist, dass nur die Absicht bestraft wird. Was den Entzug des Führerausweises anbelangt, sieht die Regelung laut Art. 16c Abs. 2 lit. a bis SVG eine Mindestdauer von zwei Jahren für den Entzug vor.
In unserem Beispiel geht es um einen verheirateten Motorradfahrer von ungefähr 50 Jahren, einen Familienvater, der von einem Radar erfasst wurde, als er auf einer Bergstrasse bei einem Ausflug mit anderen Familienmitgliedern keinesfalls die Absicht hatte, «übermässig aufs Gaspedal zu drücken». Nach einer einzigen und unglücklichen Beschleunigung über ungefähr 100 Meter wurde auf einer auf 80 km/h beschränkten Strasse eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 60 km/h festgestellt. Diese Person hatte aus unserer Sicht keineswegs das Profil eines rücksichtslosen, die Verkehrsregeln missachtenden Fahrers, und er hatte bisher keine Vorstrafen. Für diesen Mann stand sehr viel auf dem Spiel, insbesondere der zweijährige Führerscheinentzug (mit beruflichen und auch familiären Folgen), sodass er sich entschied, sich zu verteidigen und zu versuchen, die Konsequenzen seiner Tat abzuschwächen.
Im Rahmen seiner Verteidigung bezog man sich hauptsächlich auf ein wichtiges Urteil des Bundesgerichts (BGE 142 IV 137), welches festlegt, dass die Absichten und der Wille (subjektives Element) des Fahrers trotzdem analysiert werden müssen und jede Situation von Fall zu Fall untersucht und vertieft werden muss. Dies erwähnen wir hier nur kurz. Genau gesagt ging es darum, die Behörde dazu zu bewegen, die Umstände des Einzelfalls, vor allem aber die Absicht und Motive des Täters (im Zusammenhang mit der Frage, ob ein vorsätzlicher Verstoss vorliegt oder nicht) zu berücksichtigen. Das Objektiv war es, eine der Schuld des Fahrers angemessene Strafe zu verhängen. Die wichtigste, der Behörde mitgeteilte Begründung war, dass der betreffende Fahrer keine Absicht hatte, ein Raserdelikt zu begehen, dass er das hohe Unfallrisiko keineswegs in Kauf nahm und dass er sich in dem Moment einfach nicht bewusst war, dass er die zulässige Geschwindigkeit in einem solchen Ausmass überschritten hatte. Kurz gesagt: einige entlastende Umstände und Elemente wären es wert, hervorgehoben zu werden.
Trotzdem halten wir hier fest, dass ein Raserdelikt laut Art. 90 Abs. 3 SVG namentlich neben der Geschwindigkeitsüberschreitung auch die Absicht des Täters voraussetzt. Die Strafbehörde erinnerte daran, dass das Erreichen eines der in Art. 90 Abs. 4 SVG erwähnten Schwellenwerte (Schwellenwerte für Geschwindigkeitsüberschreitungen) in der Regel die Unmöglichkeit voraussetzt, ein hohes Unfallrisiko bei einem Hindernis oder dem Verlust der Kontrolle über das Fahrzeug auszuschliessen. Darauf bezieht sich das vorher erwähnte Urteil des Bundesgerichts. Auf dieser Basis hat der Richter berücksichtigt, dass in diesem Fall keine besonderen Umstände vorliegen, die den vorsätzlichen Charakter der Geschwindigkeitsüberschreitung ausgeschlossen hätten. Es wurde festgehalten, dass der Fahrer sich der Leistung seines Motorrads und der Geschwindigkeitsbegrenzung bewusst war und aus Vergnügen bei der Ausfahrt aus einer Kurve beschleunigt hatte. Letztendlich kam das Gericht zur folgenden Schlussforderung: Mit dem Begehen einer so hohen Geschwindigkeitsüberschreitung hat der Fahrer die in Art. 90 Abs. 4 SVG schematisch festgelegten Grenzen erreicht. Er hatte einerseits die Absicht, grundlegende Verkehrsregeln zu verletzen, und nahm andererseits ein hohes Unfallrisiko in Kauf, das zu schweren Verletzungen oder zum Tod hätte führen können.
Daher kam es zu einer gesetzeskonform angeordneten Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde...
Was man hier in Betracht ziehen muss, ist die Tatsache, dass das BGE 142 IV 137 zwar einige Nuancen und einen (allerdings eingeschränkten) Ermessensspielraum für die Strafbehörde in Bezug auf die Absicht, ein Raserdelikt zu begehen, eingeführt hat, dass es hingegen nach wie vor sehr schwierig (wenn auch nicht grundsätzlich unmöglich) ist, diese Absicht und damit das Vorliegen eines Raserdelikts auszuschliessen.
Lassen Sie also Vorsicht walten!