12.12.2019
Im Zuge der Klimadebatte respektive der Debatte rund um die Reduktion des CO2-Ausstosses zwecks Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens scheint Strom Trumpf zu sein. In den letzten Jahren wurde immer mehr elektrifiziert. Vom Elektroauto über das Elektrobike bis zum Elektro-Scooter, der in diesem Jahr in unseren Städten in rasantem Tempo Einzug gehalten hat.
Egal, ob auf vier oder auf zwei Rädern, wir sind zunehmend auch elektrisch unterwegs. Heute gilt: Elektroantriebe sind gut, Verbrennungsmotoren sind schlecht. Es ist cool und chic, ein Elektroauto zu fahren und sich so vermeintlich umweltgerecht zu verhalten. Das Elektroauto ist zu einem Statussymbol geworden. Wie sich auch an der diesjährigen Frankfurter Automobilmesse IAA gezeigt hat, rüsten die Autobauer in diesem Bereich massiv auf. Noch nie wurden unter den Neuheiten so viele Elektrofahrzeuge vorgestellt wie in diesem Jahr. Zurzeit hat die Elektromobilität den Ruf, die Heilsbringerin für den Klimaschutz zu sein, ohne detailliert auf die Fragen bezüglich ihrer CO2-Bilanz und des Ursprungs des benötigten Stroms einzugehen. Gleichzeitig werden die Konsequenzen einer starken Elektrifizierung gerne ausser Acht gelassen. Nebst dem Bereich Mobilität wird auch beim Heizen zunehmend auf Elektro gesetzt. Die Wärmepumpe gilt hier als die Technologie zur Verringerung des CO2-Ausstosses. Da muss man sich schon die Frage stellen, woher denn der Strom kommen soll, um die dafür benötigte Elektroenergie zu liefern. Die Forschungsanstalt Empa hat eine Studie zum Thema «Auswirkungen auf das schweizerische Stromnetz bei vermehrtem Ersatz fossiler Energieträger durch strombasierte Technologien» erstellt, die sie im Juni 2019 publiziert hat. Diese hat brisante Erkenntnisse zu Tage gefördert: Wenn wir für den Klimaschutz in grossem Umfang auf Elektroautos und Wärmepumpen setzen, droht der Schweiz der Strom auszugehen. Vor allem in den Wintermonaten, wo der Strombedarf am höchsten ist, lauert die Gefahr eines massiven Stromdefizits. Laut der Studie werden bis zu 22 Terawattstunden (TWh) jährlich fehlen. Das ist fast so viel, wie alle Kernkraftwerke im Jahr 2018 in der Schweiz zusammen an Strom produziert haben (total 25 TWh). Die Zahlen der Empa-Studie basieren auf der Annahme, dass 20% der gefahrenen Kilometer mit Elektroautos zurückgelegt und 75% unserer Häuser mit Wärmepumpen beheizt werden, wodurch unser Strombedarf um fast 25% wachsen wird. Um dieses riesige Wachstum absorbieren zu können, müssen wir zusätzlichen Strom aus dem benachbarten Ausland importieren. Strom, der notabene zu einem erheblichen Teil aus Kohlekraftwerken stammt und dadurch in puncto CO2-Belastung eine sehr schlechte Bilanz hat, weshalb man auch von «dreckigem» Strom spricht. Die Problematik rund um die drohende Stromknappheit ist nicht die einzige Hürde, welche die Elektromobilität zu überwinden hat. Die (noch) mangelnde Reichweite der Fahrzeuge, das fehlende Netz an Ladestationen sowie die ganzen Themen rund um die Produktion und die Entsorgung der Batterien seien hier nur am Rande erwähnt. Der ACS unterstützt die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien. Für ihn hat auch die Elektromobilität selbstverständlich ihre Berechtigung. Aus unserer Sicht dürfen jedoch die Entwicklung und Förderung anderer Antriebssysteme wie Wasserstoff, Brennstoffzellen, etc. nicht vernachlässigt werden. Denn zukünftig werden wir einen gesunden Mix aus verschiedenen Antrieben benötigen, um unseren Mobilitätsbedürfnissen gerecht zu werden.
NR Thomas Hurter
Zentralpräsident
Automobil Club der Schweiz