Der MIV wird weiter ausgebremst

07.10.2022

Ende August hat der Bundesrat im Rahmen der Teilrevision der Signalisationsverordnung beschlossen, die Einführung von Tempo 30 zu vereinfachen und ein neues Signal für das Carpooling einzuführen. Mit diesem Signal können Fahrspuren gekennzeichnet werden, die ausschliesslich Mitfahrgemeinschaften zur Verfügung stehen. Durch diese beiden Massmahmen, die bereits am 1. Januar 2023 in Kraft treten werden, wird der motorisierte Individualverkehr weiter ausgebremst.

Mit der Vereinfachung der Einführung von Tempo 30 auf siedlungsorientierten Strassen in den Städten und Gemeinden, entfällt ab dem 1. Januar 2023 die Pflicht vor der Einführung von Tempo 30 ein Gutachten zu erstellen. Somit können durch die neue Verordnung Tempo-30-Zonen aus sogenannten «weiteren, in den örtlichen Verhältnissen liegenden Gründen» also primär nach Beurteilung der Verhältnismassigkeit eingeführt werden.

Im Rahmen der Vernehmlassung, die Anfang dieses Jahres durchgeführt wurde, hat sich der ACS ganz klar gegen diese Änderung der Signalisationsverordnung ausgesprochen. Unsere Ablehnung haben wir unter anderem damit begründet, dass mit flächendeckend Tempo 30 im städtischen Raum die heutige Strassenhierarchie ausser Kraft gesetzt wird. Selbstverständlich befürwortet der ACS nach wie vor Tempo 30 dort, wo es sinnvoll ist, z.B. rund um Schulen. Was wir aber monieren ist, dass die Vereinfachung zur Einführung von Tempo 30 zu Ausweichverkehr in den Wohnquartieren führt. Ebenfalls wird damit der öffentliche Verkehr (Bus und Tram) verlangsamt, was zum Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge und dadurch zu einer weiteren Verteuerung für die Nutzer des ÖVs führt. Zudem dürfen wir nicht vergessen, dass mit der verstärkten Elektrifizierung des Strassenverkehrs, die Tempo 30-Zonen, welche aus Lärmgründen eingeführt worden sind, obsolet werden könnten.

Dazu muss man noch erwähnen, dass am 4. März 2001 80% des Schweizer Stimmvolkes Nein sagten zur Volksinitiative Tempo «Strassen für alle», die generell Tempo 30 innerorts einführen wollte. Wenn man sich dies vor Augen führt, muss man klar feststellen, dass der Bundesrat mit seinem Beschluss die Einführung von Tempo 30 massiv zu erleichtern, den Volkswillen missachtet.

Mitfahrgemeinschaften (Carpooling)
Als zweite Massnahme hat der Bundesrat die Integration des neuen Symbols «Mitfahrgemein-schaften» in die Signalisationsverordnung beschlossen. Dafür wird eine Zusatztafel geschaffen, die diversen Verkehrstafel, wie dem allgemeinen Fahrverbot, dem Fahrverbot für Motorwagen und dem Signal «Busfahrbahn» beigefügt werden kann. Das bedeutet, dass Fahrbahnen eigens für Mitfahrgemeinschaften gesperrt werden können, was unweigerlich zu einem Spurabbau führt. Gleichzeitig soll die Tafel dazu dienen, speziell für Carpooling-Fahrzeuge Parkplätze auf öffentlichem Grund zu reservieren. Der Bundesrat und das UVEK begründen ihren Entscheid damit, dass mit dem Carpooling der Verkehrsfluss verbessert werden soll. Schaut man aber genauer hin, stellt man fest, dass das Gegenteil der Fall ist. Wenn den Mitfahrgemeinschaften eigene Fahrspuren zur Verfügung gestellt werden, fehlen diese den restlichen Verkehrsteil-nehmenden, die nota bene die grosse Mehrheit ausmachen. Der Verkehr wird also zusätzlich behindert, weil die Strassenkapazität vermindert wird. Zudem kann die Kontrolle eines Carpoolings nur schwer gewährleistet werden, was den Missbrauch fördert. Im Übrigen ist Carpooling schon heute möglich, wird aber wenig bis gar nicht genutzt. Es scheint also in der Bevölkerung kein wirkliches Bedürfnis dafür zu geben. Die Reservierung von Parkplätzen ausschliesslich für Carpooling-Fahrzeuge ist aus Sicht des ACS ebenfalls ein absolutes «no go». Vor dem Hintergrund, dass massiv Parkplätze zu Gunsten der Veloinfrastruktur und elektrischer Ladestationen abgebaut werden, ist eine zusätzliche Beschränkung der Anzahl Parkplätze nicht tolerierbar.

Betrachtet man diese neuen Regelungen also genau, sieht man ganz klar, dass sie den motorisierten Individualverkehr weiter ausbremsen werden. Eine Entwicklung, die mir und dem ACS Sorgen macht.

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