Classic

Oldtimer 993 versus Youngtimer 996

Als Porsche 1997 als Nachfolger des 993 den neuen 996 vorstellte, war die Fangemeinde geschockt und erzürnt. Der Paradigmenwechsel von der legendären Luftkühlung mit ihrem herrlichen Sound zur gedämpften Wasserkühlung sorgte für Unmut und Unverständnis bei langjährigen 911er Piloten. Ebenso wenig Anklang fanden die geglättete Karosserie, die Scheinwerfer mit integrierten Blinkern sowie das komfortorientierte Fahrwerk.

Doch die damalige Finanzkrise liess dem Porsche-Management keine Wahl. Der luftgekühlte Elfer-Boxer war ausgereizt. Strengere Abgasnormen und Mitbewerber, die kräftigere und modernere Sportwagen auf den Markt brachten, sowie die Vorgabe, über ein Drittel Gleichteile für den Boxster 986 einfliessen zu lassen, führten zum Entschluss, statt wie bis anhin keine Evolution, sondern eine Revolution einzuleiten. Ein mutiger und wegweisender Entscheid, der Porsche wieder auf die Gewinnstrasse brachte und den 996 mit mehr als 175 000 verkauften Exemplaren zum bis dahin erfolgreichsten 911er Modell krönte.

Die Unterschiede der beiden Modellreihen zeigen sich auch klar bei der Gegenüberstellung der technischen Angaben der Basismodelle, also ohne Tiptronic, Allrad, Turbo, GT2/3 und so weiter. Ebenso gross sind die monetären Differenzen bei Ankauf und Unterhalt. Auch hier gelten die Angaben als Richtwerte für Basismodelle, die servicegepflegt sind. Je nach Zustand des Fahrzeuges können diese stark variieren. Wir zeigen diese Gegenüberstellung nur als grobe Indikation der Kostenstruktur zwischen dem klassischen, luftgekühlten 993 und dem jüngeren, wassergekühlten 996.

Porsche 993: sexy, kernig und emotional

Als Porsche im Jahre 1993 den Nachfolger des 964 in Form des dynamischen 993 präsentierte, war sich die Fachwelt einig. Die Zuffenhausener mischen wieder an vorderster Front bei den Sportwagen mit. Der Body mit deutlich taillierterer Seitenlinie, welche nach hinten in breite Hüften ausufern, gaben dem neuen 993 einen unwiderstehlichen Sex-Appeal.

Gleichzeitig wurde die Karosserie um 20 % steifer, ohne dabei ein Gramm zugenommen zu haben, was sich höchst positiv auf die Fahrdynamik auswirkte. Dazukam ein überarbeitetes Fahrwerk, das mit dem Popometer bestens kommuniziert. So lässt sich der 993er traumhaft mit dem Gasfuss lenken. Dabei je nach Drehzahlniveau untermalt vom sonoren bis kreischenden Sound des luftgekühlten 6-Zylinder-Boxers, der bissig am Gas hängt. Eine Fahrmaschine par excellence, die auf und neben der Piste für Begehrlichkeit sorgt.

Porsche 996: souverän, ausgewogen und rational

Ganz anders das Fahrerlebnis im neuen 996 mit dem nun wassergekühlten Boxermotor. Die Masse sind innen wie aussen gewachsen. Der um 20 cm längere Radstand und ein komfortableres Fahrwerk bringen mehr Distanz zur Strasse. Schnell zu sein, erfordert im Neuen weitaus weniger Einsatz als im Vorgänger. Obwohl er akustisch weniger wahrgenommen wird, ist der 996 in jedem Fahrbereich der Schnellere. In der Fahrdynamik ein veritabler Elfer, aber ohne Hektik. Weniger aufregend präsentiert sich auch das Kleid mit seinen geglätteten Flächen. Pluspunkte hingegen sammelt der 996 mit dem 911er-typischen präzisen Fahrverhalten und dank der höheren Leistung bietet er Souveränität und Langstreckenkomfort.

Versprüht der 993 jede Menge Emotionalität, so zählen bei seinem Nachfolgemodell mehr die rationalen Argumente. Er bietet mehr Sportwagen und ist dabei weitaus günstiger beim Kauf und Unterhalt. Aber eben, Porsche suchte mit dem 996 konsequent den Weg zurück aus den roten Zahlen. Das hinterlässt bei den ersten Modellen mit der internen Bezeichnung M94 seine Spuren. Beispielsweise gibt es kein Handschuhfach und bei einzelnen Motorblöcken entstanden Risse durch schlechte Qualität. Eine Vielzahl der Kinderkrankheiten des 996 wurde mit der überarbeiteten Version M96 ab dem Jahre 2002 behoben.

Unser Fazit

Grundsolide, fahraktiv und faszinierend sind Attribute, die für den knackigen, luftgekühlten 993 sprechen. Wer nicht so viele Moneten für Porschefahren in seiner schönsten Form aufbringen kann oder will, dennoch aber mit einem 911er liebäugelt, der wird seine Freude am wassergekühlten 996 haben. Besonders empfehlenswert ist die M96-Version mit dem agilen 3,6-Liter-Motor. Er kostet halb so viel wie ein 993, sowohl im Ankauf wie im Unterhalt. Und in zwei Jahren ist auch dieser 911er ein Youngtimer – die Preise ziehen bereits an. Unser Tipp: Der 911 Carrera 4S ab Modelljahr 2002 mit bulliger Front- und Heckschürze.

Text: Christoph Bleile

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