Der ACS sprach mit Dr. Johannes Neft, Leiter der technischen Entwicklung der Marke Škoda, darüber, wie man mit den Unsicherheiten der Elektrifizierung umgeht, wie die Zukunft des Škoda-Motorsports aussehen wird und ob die Sportmodelle noch Sinn machen werden.
Dr. Johannes Neft ist seit Januar 2021 Mitglied der Geschäftsführung von Škoda. Der gelernte Ingenieur ist seit 1999 in verschiedenen Positionen im Volkswagen Konzern tätig. Derzeit ist er für die technische Entwicklung der Marke Škoda verantwortlich. Wir haben uns mit ihm über die Herausforderungen in der Branche unterhalten und darüber, wie eine der beliebtesten Marken der Schweizer, die auch im Rennsport aktiv ist, diese meistert.
Wird Škoda in Zukunft eine Marke sein, die nur noch Elektromodelle im Programm hat, oder werden wie heute immer verschiedene Antriebsarten angeboten werden?
Škoda wird noch viele Jahre lang verschiedene Arten von Motoren anbieten. Natürlich beobachten wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen und passen uns ihnen an, was bedeutet, dass es Unterschiede zwischen den verschiedenen Märkten geben kann, da Škoda in Europa stark vertreten ist, aber auch in anderen Regionen wie Indien oder Asien Marktanteile gewinnt, wo die Vorschriften möglicherweise anders sind als in Europa. In jedem Fall werden wir, solange wir die Möglichkeit haben, Verbrennungsmotoren anzubieten, dies auch weiterhin tun. Letztendlich werden die Kunden oder die Politik darüber entscheiden, welche Arten von Antrieben wir weiterhin produzieren. Da mehrere Szenarien offen sind, sind wir dabei, einerseits unsere Verbrennungsmotoren ständig zu verbessern und andererseits auch unser Angebot an Elektrofahrzeugen weiterzuentwickeln.
Welche Rolle werden in diesem Zusammenhang die RS-Sportmodelle von Škoda spielen? Wird es sie weiterhin geben? Und wenn ja, werden sie nur noch elektrisch fahren oder weiterhin Verbrennungsmotoren haben?
RS-Modelle mit Verbrennungsmotor werden wir sicher weiterhin anbieten, denn sie sind besonders beliebt und erfolgreich. In Zukunft möchten wir den Kunden auch RS-Modelle mit Elektromotoren anbieten, wie wir es mit dem Enyaq RS und dem Enyaq RS Coupé erfolgreich getan haben. Aber wir definieren derzeit noch, was die Merkmale und Eigenschaften der nächsten RS-Modelle im Elektrofahrzeugprogramm von Škoda sein sollen.
Škoda hat auch eine bedeutende sportliche Geschichte, die in den letzten zwei Jahrzehnten besonders aktiv und erfolgreich im Rallyesport war. Wie sieht die zukünftige Strategie von Škoda im Bereich des Motorsports aus?
Die Rallyefahrzeuge von Škoda sind seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Wir haben kein eigenes offizielles Team, aber wir entwickeln und verkaufen rennfertige Fahrzeuge für viele Rennteams und Privatkunden. Mit dem neuen Škoda Fabia RS Rally2 ist es uns, was alles andere als selbstverständlich ist, gelungen, wieder ein sehr konkurrenzfähiges Auto zu entwickeln. Wir beobachten natürlich genau, wie sich der Rennsport entwickelt, wie unsere Konkurrenten agieren, und wenn möglich versuchen wir, aktiv zur technologischen Entwicklung beizutragen: Die Tatsache, dass wir ein Rallyeauto mit Elektromotor gebaut haben, ist ein Beweis dafür. In diesem Sinne versuchen wir immer, mit der Zeit zu gehen, und sollten die Rallye-Autos in Zukunft elektrifiziert werden, werden wir dabei sein, denn für uns ist es wichtig, ein konkurrenzfähiges Auto anbieten zu können, mit dem unsere Kunden so viele Siege wie möglich erringen können.
In der Schweiz ist Škoda dank des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses und der Rationalität der verschiedenen Modelle sehr erfolgreich. Die Marke hat sich jedoch weiterentwickelt und emanzipiert, sowohl in Bezug auf das Design als auch auf die Inhalte. Für welche Art von Kunden sind die heutigen Škodas konzipiert?
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist und bleibt eines der Hauptmerkmale der Škoda-Modelle, ebenso wie das Raumangebot und die Funktionalität, die sie zu perfekten Autos für Familienkunden machen. Mit der neuen Formensprache, die das Design unserer Autos prägt, wollen wir aber auch eine junge, sportliche Klientel ansprechen, indem wir ein attraktives Auto anbieten, in dem man zum Beispiel auch problemlos ein Fahrrad im Kofferraum unterbringen kann.
Im Laufe der Jahre ist Škoda für sein Motto «Simply Clever» bekannt geworden, das für praktische und manchmal sogar geniale Lösungen steht. Wie wird diese Philosophie in Zukunft interpretiert werden?
Das ist in der Tat eines der Themen, an denen wir arbeiten. Wenn sich die Philosophie «simply clever» in der Vergangenheit vor allem in greifbaren Gegenständen wie dem in der Tankklappe integrierten Eiskratzer, dem im Türfach versteckten Regenschirm oder den zahlreichen Handschuhfächern widerspiegelte, könnte sich dies in Zukunft in einer völlig neuen Dimension, zum Beispiel digital, widerspiegeln. Es geht also darum, herauszufinden, wie wir unsere Schnittstellen, die Nutzung der verschiedenen Bedienelemente, die Anordnung der Instrumente auf dem Armaturenbrett so einfach und intuitiv wie möglich gestalten bzw. für den Kunden nützliche Funktionen – auch digitale – anbieten können, die unsere Wettbewerber noch nicht haben.
Interview Benjiamin Albertalli / Bilder Werk