Noch ist es eher ein Blick in die Kristallkugel, denn bis der Strassenverkehr von selbst fahrenden Autos geprägt sein wird, werden noch einige Jahre vergehen. Aber eines ist sicher: Die Fahrzeuge der Zukunft werden sauber, sicher und vernetzt sein. Hoch automatisierte Fahrzeuge werden permanent kommunizieren: mit externen Infrastrukturen wie Wetterdiensten, digitalen Kartenanbietern, der Verkehrspolizei oder auch mit serviceorientierten Netzwerken, die beispielsweise GPS-Daten freier Parkplätze zur Verfügung stellen könnten. Künftig tauschen die Bordsysteme auch Livedaten mit anderen Fahrzeugen aus, um Zusammenstösse zu vermeiden.
Das bedeutet: Es ist aus Versicherungssicht prinzipiell mit deutlich weniger Unfällen zu rechnen, je selbstständiger Autos werden. Ist die Motorfahrzeugversicherung deshalb in Zukunft ein Fall für das Museum?
Ganz so weit wird es sicherlich nicht kommen. Fakt ist, dass sich die Risikoeinschätzung der Versicherungsgesellschaften ändern wird: Derzeit werden etwa 90 Prozent aller Verkehrsunfälle durch menschliches Fehlverhalten am Steuer verursacht, nur 10 Prozent durch technische Fehler. Wenn in 10 bis 15 Jahren das Auto einen relativ hohen Anteil der Fahrleistung im automatisierten Modus vollbringen wird, wird sich der Einfluss fahrerbezogener Merkmale auf die Versicherungsmodelle abschwächen.
Das Risiko verschwindet aber nicht, es verlagert sich: und zwar weg vom menschlichen Fehler seitens des Verkehrsteilnehmers hin zu den Fahrzeugsystemen. In Zukunft werden die Versicherer also vor allem die Qualität der verbauten Sicherheitssysteme im Zusammenspiel zwischen aktiver und passiver Sicherheit bewerten müssen.
Klar ist: Je weiter Techniken wie autonome Notbremssysteme in neuen Autos verbreitet sein werden, desto stärker wird die Anzahl der Unfälle zurückgehen. Aber gänzlich aus dem Strassenbild verschwinden werden sie nicht, denn dann müsste die Technik in jeder Situation fehlerfrei arbeiten. Davon sind wir noch weit entfernt und wir werden einen solchen Zustand wahrscheinlich auch nie erreichen.
Das bedeutet: Selbst, wenn die Unfallwahrscheinlichkeit durch immer bessere Technik deutlich niedriger werden sollte, bleibt die Notwendigkeit für einen Versicherungsschutz weiterhin bestehen. Zudem werden die Unfallschäden durch die Verbauung der Sensoren und anderer technischer Ausstattungen zunehmend teurer. Neben Unfällen gibt es aber auch andere Gefahren: Bis 2030 rechnen Versicherungsexperten mit einer deutlichen Zunahme an Schadenereignissen durch Naturgefahren. Weltweit wird es deutlich mehr Schäden durch Starkregen, Sturm oder Hagel geben – denen auch ein selbst fahrendes Auto nicht wird ausweichen können. Zudem sind die Fahrzeuge der Zukunft auch nicht gegen Diebstahl oder mutwillige Beschädigung gefeit. Im Gegenteil: Mit dem Grad der Vernetzung der Fahrzeuge steigt beispielsweise die Gefahr von Hackerangriffen.
Die Aufgabe der Versicherer wird es künftig sein, diese Risiken zu minimieren und gleichzeitig kalkulierbar und beherrschbar zu machen. Die Motorfahrzeugversicherung wird also auch in Zukunft bestehen bleiben. Allerdings: Die Allianz geht heute davon aus, dass die Entschädigungsleistungen in den nächsten 15 Jahren um 7 bis 16 Prozent zurückgehen werden, je nach Verbreitung der neuen Systeme. Dies wird dann sicherlich auch Auswirkungen auf die Prämien haben, die in einem ähnlichen Umfang sinken könnten.
Wer ist schuld, wenn ein Roboterauto in einen Unfall verwickelt ist oder gar einen Menschen anfährt – der Halter, der Autohersteller?
Diese Haftungsfragen werden viel diskutiert, aber neue Regelungen sind aus heutiger Sicht nicht erforderlich. Das derzeitige Modell aus Gefährdungshaftung des Halters und Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung beinhaltet auch den Schutz des Verkehrsopfers bei Schäden durch teil- und vollautonom fahrende Fahrzeuge. Dies umfasst sowohl Rückgriffe auf Hersteller als auch Unfälle, die durch Hackerangriffe verursacht werden.
Das Wichtigste ist, dass das Unfallopfer auch dann geschützt ist, wenn die Verschuldenshaftung bei einem automatisierten Fahren nicht mehr zum Tragen kommen sollte. Dazu muss nach heutiger Rechtslage gar nicht so viel geändert werden. Der Fahrzeughalter haftet ja immer aus der Gefährdungshaftung, und zwar unabhängig davon, ob die Ursache für den Unfall in einem Fehler des Fahrers oder an einem technischen Fehler des Fahrzeugs liegt. Die Frage nach einem möglichen Rückgriffsrecht des Versicherers auf den Automobilhersteller bei technischen Fehlern ist dann eine eigene Thematik, mit welcher sich die Versicherungsgesellschaften befassen werden, die das Verkehrsopfer aber nicht betrifft.
Die Haftungsfragen führen auch unweigerlich zu der Frage, wem die Daten künftig gehören werden. Die Daten «gehören» nach Ansicht der Allianz eindeutig dem Kunden. Nur er kann über deren Verwendung entscheiden. Für die Allianz sind die im Fahrzeug gespeicherten Daten grundsätzlich dem Fahrer oder Halter zuzuordnen. Somit muss auch der Fahrzeughalter oder -fahrer frei entscheiden können, wem er seine Daten zur Verfügung stellt, seien es Fahrzeughersteller, Automobilklubs, IT-Unternehmen oder Versicherer, und unter welchen Bedingungen und zu welchem Zweck die Daten genutzt werden dürfen.
Neben den selbst fahrenden Autos ist auch die Sharing Economy ein Megatrend, dem sich die Versicherungsgesellschaften nicht werden entziehen können.
Laut der Allianz-Studie «Jung und urban» kann sich beispielsweise bereits jeder Dritte der befragten Junglenker in der Schweiz vorstellen, künftig Carsharing-Modelle zu nutzen. Als innovativer Versicherer will die Allianz bei der Gestaltung von zukünftigen Mobilitätslösungen eine aktive Rolle spielen und ist als Investorin beim Carsharing-Anbieter «Catch a Car» eingestiegen. Dadurch gewinnt die Allianz praxisnahe Erkenntnisse über zukünftige Mobilitätstrends. Um dem veränderten Mobilitätsverhalten Rechnung zu tragen, hat die Allianz darüber hinaus als schweizweit erster Versicherer eine «Premium-Lenkerdeckung» als Zusatzdeckung in der Privathaftpflichtversicherung lanciert. Damit sind Benutzer fremder Fahrzeuge jederzeit gegen Schäden versichert – egal wie häufig oder wie lang sie mit dem Fahrzeug anderer Besitzer unterwegs sind.
Ob nun teil- oder vollautonome Fahrzeuge, neue Mobilitätstrends oder ein sich rasant veränderndes Kundenverhalten: Die Autoversicherung wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Aber nur wer als Versicherungsgesellschaft passende Antworten auf die Zukunftstrends findet und es versteht, die Kunden auf diesem Weg mitzunehmen, wird auch im Jahr 2030 erfolgreich sein.
Bild: Allianz
Autor: Allianz Schweiz