Der Bundesrat hat im Mai und Juli 2020 neue Verkehrsregeln und
Signalisationsvorschriften verabschiedet, diese wurden im Januar 2021 wirksam. Einige der neuen Regeln haben es durchaus in sich. Wir haben
für Sie die wichtigsten Änderungen zusammengetragen.
Auch sie wird Pflicht. Ab 1.1.2021 kann gebüsst werden, wer die Rettungsgasse behindert. Bei Stau auf Autobahnen muss eine Rettungsgasse gebildet werden, damit Rettungskräfte jederzeit und auch mit grossen Fahrzeugen (Abschleppwagen, Feuerwehr) zwischen den Kolonnenfahrzeugen hindurch an den Unfallort fahren können. Dazu gliedern sich die Fahrzeuge auf der linken Spur an den linken Fahrbahnrand, die Fahrzeuge auf der mittleren und/oder rechten Spur reihen sich am rechten Fahrbahnrand ein. Das Befahren des Pannenstreifens ist nicht erlaubt.
Wird auf der Autobahn eine Spur abgebaut, gilt neu das
Reissverschlussprinzip. Die Verkehrsteilnehmenden müssen die Fahrzeuge auf der
abgebauten Spur einschwenken lassen. Damit soll verhindert werden, dass die
abgebaute Spur zu früh verlassen wird und sich auf der verbleibenden Spur ein
Rückstau bildet.
Viele
können sich bestimmt daran erinnern, dieses Prinzip als goldene Regel bei der
Fahrausbildung gelernt zu haben. Im Unterschied zu damals ist es ab 1.1.2021
eine gesetzlich verankerte Regel, die bei Missachtung mit einer Busse von CHF
100 geahndet werden kann.
Bis anhin war das Rechtsvorbeifahren an Fahrzeugen
auf der Autobahn nur im parallelen Kolonnenverkehr zulässig. Ab 1.1.2021 wird
dies neu gemäss Verkehrsregelverordnung so geregelt sein (Art. 36, Abs. 5):
Es
darf mit gebotener Vorsicht in folgenden Fällen rechts an anderen Fahrzeugen
vorbeigefahren werden:
a) bei Kolonnenverkehr auf dem linken oder mittleren Fahrstreifen;
b) auf Einspurstrecken, sofern für die einzelnen Fahrstreifen unterschiedliche Fahrziele signalisiert sind;
c) sofern der links liegende Fahrstreifen mit einer Sicherheitslinie (…) oder bei Doppellinien-Markierung (…) mit einer linksseitig angebrachten Sicherheitslinie abgegrenzt ist, bis zum Ende der entsprechenden Markierung, insbesondere auf dem Beschleunigungsstreifen von Einfahrten;
d) auf dem Verzögerungsstreifen von Ausfahrten
Das Rechtsüberholen ist nach wie vor verboten. Nach
Gesetz gilt als Überholvorgang, wenn eine Fahrspur verlassen wird, um eines
oder mehrere Fahrzeuge zu überholen und anschliessend wieder auf die
ursprüngliche Fahrspur eingeschwenkt wird. So wird auch das Rechtsüberholen
definiert. Zuwiderhandlungen können mit einer Busse von CHF 250 sanktioniert
werden.
Was im umliegenden Ausland bereits länger möglich ist, wird nun in der Schweiz ebenfalls erlaubt. Mit der Gesetzesänderung per 1.1.2021 dürfen leichte Motorfahrzeuge mit Anhängern bis 3.5t max. 100 km/h auf der Autobahn fahren, sofern das Zugfahrzeug und der Anhänger für diese Geschwindigkeit zugelassen sind.
Neu dürfen Fahrräder an roten Ampeln rechts abbiegen sofern dies entsprechend signalisiert ist. Das führt zu einem veränderten Verkehrsfluss, was von allen übrigen Verkehrsteilnehmenden noch mehr Aufmerksamkeit erfordert.
Bisher durften nur Kinder im Vorschulalter mit dem Velo auf dem Trottoir fahren. Ab Anfang nächsten Jahres ist dies Kindern bis 12 Jahre erlaubt, sofern kein Radstreifen oder Radweg vorhanden ist. Diese neue Regel hat Konfliktpotential, denn der Fussverkehr teilt heute schon seinen Verkehrsraum mit allerlei fahrzeugähnlichen Gefährten wie Trottinett, Skateboards, etc. Wichtig ist, dass Eltern ihren Kindern das angemessene Verhalten auf dem Trottoir vermitteln: Rücksicht auf andere Menschen und Tiere nehmen, Geschwindigkeit der Fussgängerdichte anpassen, vor dem Überqueren des Fussgängerstreifens unbedingt vom Fahrrad absteigen, anhalten und zu Fuss die Fahrbahn überqueren.
Ab 1.1.2021 gilt für angehende Neulenkende unter 20
Jahren eine Lernphase von 12 Monaten. Damit sie dennoch die Prüfung mit 18
Jahren ablegen können, dürfen sie bereits mit 17 Jahren den Lernfahrausweis.
Ziel dieser neuen Regelung ist es, dass Neulenkende so viele Lernfahrten wie
möglich absolvieren, bevor sie an die praktische Prüfung gehen. Der ACS
empfiehlt dabei unbedingt mind. 10 Lektionen beim Fahrlehrer, damit von Anfang
an eine gute Basis für die Begleitfahrten mit Eltern gelegt wird. Für junge
Erwachsene mit Jahrgang 2003 hat der Bund eine Übergangslösung festgelegt: Für
sie gilt noch die bisherige Regelung, sie können weiterhin mit 18 Jahren die
Prüfung ablegen.
Autor: Anita Brechtbühl, Leiterin Verkehrssicherheit Automobil Club der Schweiz