Elektroautos haben sich aktuell zum grössten Trend der Automobilbranche entwickelt. Soll man gerade jetzt von einem Verbrennungsmotor auf einen Stromer wechseln? Wie läuft das mit den Batterien und wie sicher sind E-Autos? Gerade vor einigen Wochen führte die AXA Schweiz in Dübendorf einen interessanten Event zum Thema «Unfälle mit E-Autos» durch. Wir wollen einige Fragen zu diesem aktuellen Thema beantworten und die verschiedenen Facetten von E-Autos (auch Electric vehicle genannt, kurz EV) beleuchten.
Das Interesse an E-Autos ist in der Schweiz sehr gross. Und wer schon eines hat, gibt es nicht mehr her. Das zeigt auch die Mobilitätsstudie, welche die AXA 2022 durchgeführt hat. Demnach würden 98% der Befragten ihr Elektroauto nicht mehr gegen einen Verbrenner tauschen. Das Angebot an Fahrzeugen hat denn auch gewaltig zugenommen in den letzten vier Jahren. Während im Jahr 2019 (vor der Pandemie) nur ein paar wenige Modelle als Stromer erhältlich waren, sind es heute über 300 verschiedene Modelle resp. Ausführungen. Auch die Zahlen der neu immatrikulierten EV sprechen Klartext: im Jahr 2019 wurden 17'346 neue EV immatrikuliert, im letzten Jahr mehr als 53'000. Wohl durch die Stromversorgungsfrage etwas gebremst, entwickeln sich die Zahlen in diesem Jahr ähnlich wie im 2021, von Januar bis September wurden etwas mehr als 40'000 Stromer neu immatrikuliert.
Naheliegend, dass wir diese E-Autos immer häufiger im Strassenverkehr sehen. Erste Analysen der AXA zeigen auf, dass E-Autos zu 50% mehr in Kollisionsschadenfälle verwickelt sind als Verbrenner, Im Detail bedeutet dies: Auffahrunfälle ereignen sich zu 30% häufiger, bei den Selbstunfällen beträgt die Zunahme 45% und beim Ein- und Ausparken gibt es um 56% mehr Schadenfälle. Das Positive ist, dass die Fahrgastzellen von neuen Elektroautos so sicher konstruiert sind, dass die Schwere der Verletzungen erheblich niedriger ist, als in bisherigen Verbrennern. Das hat jedoch a priori nichts mit dem Antriebssystem zu tun, sondern vorwiegend damit, dass in EV die neusten Technologien und Materialien verwendet und verbaut sind und diese eben auch die Passagiere sehr gut schützen können.
Warum also steigen die Schadenfälle derart an mit E-Autos? Eine der Erklärungen dafür ist der «Overtapping-Effekt». Gerade leistungsstarke Modelle zeigen ein deutlich anderes Fahrverhalten als ein Verbrenner. Das hohe Drehmoment des E-Motors zeigt sich bereits beim leichten Antippen des Gaspedals. Das wiederum kann zu einer unerwarteten ruckartigen Beschleunigung führen, der Fahrer oder die Fahrerin verliert die Kontrolle über das Fahrzeug, eine Auffahrkollision kann die Folge sein.
Auch könnte das doch erhebliche Gewicht von leistungsstarken E-Autos ein Grund für häufigere Schadenfälle sein. Durch die unterschiedliche Gewichtsverteilung und das durchschnittlich 400kg schwere Auto ist das Bremsverhalten deutlich anders als bei einem herkömmlichen Auto.
Die Achillessehne der E-Autos ist klar der Unterboden. Untersuchungen der AXA Unfallforscher haben gezeigt, dass Unterbodenbeschädigungen durch das Überfahren von Strasseninseln, Steinen, Randsteinen oder Kreiseln auftreten können. Die Antriebsbatterie ist zwar durch zusätzliche Versteifungen der Karosserie vorne, seitlich und hinten sehr gut geschützt, jedoch eben nicht am Unterboden. Dies soll nun durch die Hersteller korrigiert und das E-Auto für die Zukunft noch sicherer machen.
Sollte es bei einem Unfall dazu kommen, dass die Batterie vom Unterboden her doch beschädigt wird, könnte ein Brand die Folge sein. Jedoch ist das Brandrisiko, egal ob Verbrennungsmotor oder E-Motor sehr gering und in der Schweizer Bevölkerung stark überschätzt. Nur 5 von 10'000 Autos brennen statistisch gesehen wirklich.
Die Frage, ob gerade in dieser aufgeheizten Stromversorgungsphase auf ein E-Auto gewechselt werden soll, muss wohl jeder für sich beantworten. Idealerweise kann der E-Motor mittels eigener Photovoltaikanlage gespiesen werden. In naher Zukunft soll es ja möglich sein, die Autobatterien als Speicher zu nutzen und den Strom bei Bedarf wieder zurück in den Haushalt einzuspeisen. Oftmals als Killerargument gegen E-Autos verwendet, ist die Nachhaltigkeitsfrage bezüglich Batterien. Die in einem EV verbauten Batterien machen 1'500 bis 2'500 Ladezyklen durch. Ein Verbrennungsmotor, der einen Verbrauch von 7 Litern auf 100km/h hat, braucht für eine Fahrleistung von 200'000 km rund 285 komplette Tankfüllungen… Eine E-Motor Batterie bringt also locker während 20 Jahren ihre Leistung und verfügt dann immer noch über einen Restenergieinhalt von 70-80%. In diesem Stadium ist sie absolut geeignet, als Speicherbatterie im stationären Betrieb eingesetzt zu werden, zum Beispiel um Solarenergie zu speichern.
E-Autos sind für Passagiere sehr sicher gebaut. Wer neu auf einen Stromer umsteigt, sollte einen Einführungskurs ins Auge fassen (demnächst auch beim ACS im Angebot). Vorsicht ist geboten bei Hindernissen auf Strassen, Randsteinen usw., damit der Unterboden nicht beschädigt wird. Wenn immer möglich, das E-Auto mit einer Photovoltaikanlage verbinden, das fördert die Nachhaltigkeit der neuen Technologie.
Text: Anita Brechtbühl
Bilder: zVg