Seit seiner Gründung setzt sich der ACS für die Sicherheit im Strassenverkehr ein. Über all die Jahre ein sehr wichtiger Partner geworden sind die Schweizer Polizeien. Wir durften kürzlich ein Interview zum Thema Präventionsarbeit im Strassenverkehr aus Sicht der Polizei führen. Der Polizist Claudio Gygax, Leiter Verkehrsinstruktion und Jugendpolizei Repol Wohlen (AG), hat uns dazu interessante Antworten gegeben.
Herr Gygax, Sie arbeiten seit mehreren Jahrzehnten bei der Polizei. Wie würden Sie die Veränderungen im Strassenverkehr beschreiben?
Ich arbeite seit 35 Jahren bei der Polizei. Die grössten Veränderungen sind natürlich das immer grössere Verkehrsaufkommen, wie auch die mangelnde Zeit, welche die Verkehrsteilnehmenden für ihren Weg haben.
Bestimmt sind die Fahrzeuge allgemein sicherer geworden. Jedoch nehmen mit den neuen Elektrotrend Fahrzeugen viele am Strassenverkehr teil, welche die Gesetzte und Regeln gar nicht kennen. Probleme gibt es immer dann, wenn die Versicherungsfrage kommt und es ev. zu einem Regress führt.
Würden Sie sagen, dass sich die Situation für die kleinsten Verkehrsteilnehmer in den vergangenen 20 Jahren stark verändert hat?
Ja, die Kindergärtler werden immer jünger und damit kleiner. Heute müssen sich 4-jährige Kinder im Strassenverkehr behaupten, während diese vor 20 Jahren im Kindergarten 6-jährig waren.
Das führt sicherlich auch dazu, dass immer mehr Eltern ihre Kinder zum Kindergarten oder zur Schule fahren (Elterntaxi). Was vor den Schulzentren immer wieder zu gefährlichen Situationen führt, da die Eltern möglichst vor den Eingang fahren möchten, um ihre Kinder aussteigen zu lassen.
Wenn Sie die Kinder im Kindergarten das erste Mal sehen, so wissen Sie, dass diese möglicherweise die Autofahrer und Autofahrerinnen von morgen sind. Welche Überlegungen haben Sie dazu?
Ich möchte ihnen möglichst ein breites Wissen im Strassenverkehr vermitteln, so dass sie sich schrittweise im Strassenverkehr zurechtfinden. Am Anfang zu Fuss, danach mit den fahrzeugähnlichen Geräten (fäg) und zu guter Letzt auch mit dem Fahrrad.
Wo sehen Sie das grösste Gefahrenpotenzial bei den jungen Autofahrerinnen und Autofahrer?
Das grösste Gefahrenpotenzial sehe ich bei den immer grösseren und PS-starken Fahrzeugen. Auch ein Elektromotor, welcher die Kraft unvermindert auf die Räder überträgt, ist nicht zu unterschätzen.
Welche Delikte stehen heute an erster Stelle und warum? Hat sich die Struktur von Strassendelikten verändert?
Früher machte der Alkoholkonsum und somit Fahren in angetrunkenem Zustand ein grosser Teil der Fahrausweisentzüge aus. Heute sind diese weniger geworden. Der Konsum von Drogen und berauschenden Mittel hat jedoch rapide zugenommen.
Gibt es auch positive Entwicklungen im Strassenverkehr?
Die immer sicheren Fahrzeuge mit ihren vielfältigen Fahrassistenzsystemen werden sicherlich dafür sorgen, dass es weniger Unfälle im Strassenverkehr geben wird. Jedoch müssen viele Autofahrer sich erst an diese neuen Systeme gewöhnen, besonders wenn das Auto von selbst eingreift und zurück in die richtige Spur lenkt.
Welche Rolle(n) sehen Sie in der Zukunft für den ACS im Zusammenhang mit der veränderten Mobilität und der Zunahme der Verkehrsteilnehmer (demografische Veränderungen)? In welchem Bereich sind die Verkehrsbildungsmassnahmen aus Ihrer Sicht besonders wichtig?
Da die jüngeren und älteren Verkehrsteilnehmer immer mehr mit Trendfahrzeugen konfrontiert werden, würde ich mir mehr Prävention in solchen Themen wünschen. Angefangen mit den Elektrotrottis bei den Kids bis zum Elektrovelo bei älteren Menschen. Aber natürlich dürfen die anderen Verkehrsteilnehmer nicht vergessen werden.
Wir haben noch viel zu tun, packen wir es an.
Text: Anita Brechtbühl
Bild: zVg